Von   23. Februar 2016

Gottesackers göttliche Wege – Schnee, Dünen und mehr

Eine Düne ist gemeinhin eine Erhebung aus Sand, die vom Wind angeweht und abgelagert wird. Die Bildung von Dünen setzt das Vorhandensein von Sand und das Fehlen von Wasser oder einer geschlossenen Pflanzendecke voraus. Dünen bilden sich daher bevorzugt in trockenen (ariden) Klimazonen, können aber auch in humiden Gebieten auftreten, sofern die befestigende Vegetation beseitigt wurde.

Wer aber jetzt glaubt, man könne Dünen nur an der Küste oder in der Wüste bewundern, der irrt. Der Kleinwalsertal-Winter-Kenner wird wissen, dass es auch in den Bergen auf über 2.000 m Höhe eine wunderschöne Dünenlandschaft gibt: Die Schneedünen des Gottesackers.

Meine ersten Erfahrungen mit Gottes Werk und Teufels Beitrag machte ich bereits vor einigen Jahren. Am Tag nach dem besagten Schwarzwassertalabenteuer hat Frau Holle ihr weißes Pulver komplett verschossen und der erwachende Tag ruft nach einem weiteren Erlebnis.

Er beginnt himmlisch blau mit goldenem Sonnenlicht. Jetzt fehlt eigentlich nur noch das herrlich frische Weiß. So ist die Entscheidung schnell getroffen, die Entscheidung für einen Tag auf dem ach so wunderbar verwunschenen Areal, dem durchsiebten Sensibelchen mit dem klingenden Namen Gottesacker. Wer das Plateau auch aus dem Sommer kennt und um seine Entstehung und Geschichte weiß, wird verstehen, wovon ich rede.

Die Fahrt mit den beiden Sesselliften auf das „Dach der Walser Berge“ ist gemütlich. Der Blick wird zunächst gefesselt von der langgestreckten Felsenwand des Hohen Ifen – und von den unzähligen Skifahrern und Snowboardern unter mir, die juchzend zu Tal „brettern“.

An der Bergstation angekommen, reichen wenige Schritte aus, um sich von der Piste und somit vom allgemeinen Trubel zu entfernen. Und ganz plötzlich und unvermittelt bin ich mittendrin in einer bizarren Winterlandschaft. Das Plateau, über welches ein breit gewalzter und hervorragend präparierter Winterwanderweg führt, der wirklich von jedem zu meistern ist, ragt wie eine einsame Insel aus dem Weiß in den blauen Himmel.

Schon Goethe wusste: „Die Gebirge sind stumme Meister und machen schweigsame Schüler.“ Sobald man sich von der Piste entfernt hat, genießt man die Stille einer wundervollen Winterlandschaft, die in ein besonderes Licht getaucht ist. Wie ein silbern funkelndes Diamantenmeer kommt der tief verschneite Gottesacker nun daher, auf dem nur noch das Knirschen des Schnees unter den eigenen Füßen und das Rauschen des Windes zu hören ist.

Die vom Wind geformten Schneedünen zaubern eine besondere Atmosphäre, die immer neuen Aussichten fesseln das Auge und beflügeln die Phantasie. Mit jedem Schritt wird es leiser und bald ist es so still, dass es möglich ist, der Ruhe zuzuhören. Einsamkeit und Stille – ein Geschenk des Himmels in unserer leider oft allzu hektischen Zeit – regen zum Nachdenken an. Die Gedanken werden frei und beginnen zu fliegen. Oft bin ich ganz allein unterwegs, nur hin und wieder begegnen mir Menschen, die es genauso wie ich genießen, abseits des Pistentrubels hier unterwegs zu sein.

Immer wieder habe ich die Qual der Wahl: Für welche der aufgestellten Ruhebänke soll ich mich bloß entscheiden, um an den besonderen Aussichtspunkten den Blick immer intensiver schweifen zu lassen? Das winterlich eingemummelte Kleinwalsertal, welches in seiner weißen Pracht vollkommen anders wirkt als im Sommer, liegt mir gemütlich zu Füßen. Der Anblick der weißen Landschaft unter mir und um mich herum und des endlos klaren Himmels über mir reinigen meine Gedanken im Nu. Wind und Sonne streicheln mein Gesicht. Ich erlebe Ruhe, Weite, Licht und den hautnahen Kontakt zur winterlichen Natur – meine Seele lächelt und atmet auf.

Hin und wieder sehe ich frische Spuren im Tiefschnee, die Lebensfreude pur und die Leichtigkeit des Seins widerspiegeln – und ich erinnere mich an meinen eigenen gerade mal 24 Stunden zurückliegenden Tiefschneegang. Mich überkommt die große Lust, auch hier in die Hänge einzutauchen und mein Abenteuer fortzusetzen. Meine himmelblauen Tiefschneetreter habe ich an den Füßen, was also hindert mich? Es ist die Vernunft, denn Leichtsinn hat in diesem Gelände einfach keinen Platz. Da ich allein unterwegs bin, unterlasse ich es deshalb, ins freie Gelände einzusteigen. Dafür wird es wieder Möglichkeiten geben, in erfahrener Begleitung bei nächster Gelegenheit.

Stattdessen genieße ich sehr intensiv auf der 5 km langen Wanderrunde einfach nur all das, was die Natur hier bereit hält, schwelge mit einem tiefen Gefühl der Glückseligkeit in völliger Harmonie mit mir selbst und halte es dabei mit Emanuel Geibel: „Wer recht in Freuden wandern will, der geh‘ der Sonn‘ entgegen.“

Schließlich noch ein kurzer Abstecher auf das Hahnenköpfle, das Gipfelkreuz umarmen, den Blick zum Bodensee mitnehmen und dann wird es schon wieder Zeit. Mit einer gehörigen Portion Sonne auf der Haut und noch viel mehr Sonne im Herzen lasse ich mich schließlich von den Sesselliften wieder gemütlich nach unten „lifteln“, während alles, was Bretter unter den Füßen hat, mit hörbarem Spaß den sportlichen Weg nach unten nimmt.

Was bleibt, ist einmal mehr die Erkenntnis:

In den Bergen ist Wahrheit, 

in den Bergen ist Klarheit, 

in den Bergen ist Freiheit, 

in den Bergen ist Glück.

Und immer wieder durchströmt auch mich auf’s Neue das unendliche Glücksgefühl, wenn ich an dieses einzigartige Alpenjuwel denke oder meine zahlreichen Fotos dazu anschaue, zu denen ich Sie jetzt gerne einladen möchte. (Galerie mit Sammlung aus den letzten Jahren hier entlang).

Wann immer dieser Weg bei allerbesten Wetterbedingungen lockt, wird er ein ums andere Mal ein besonderes Highlight sein und bleiben. Sie kennen das Gottesackerplateau und seine mächtigen malerischen Schneedünen? Prima – wann sehen wir uns dort? Sie kennen diese traumhafte Winterlandschaft noch nicht? Dann lade ich Sie herzlich ein, denn:

So schön ist’s im Kleinwalsertal – dem Himmel ganz nah!