Die Abenteuer von Maxi und Marly Green
Hallo, mein Name ist Maxi Green. Vor kurzem habe ich meinen Dienst bei den Kleinwalsertaler Bergwelten angetreten. Ich kann nicht sitzen, nicht laufen, nicht gehen, nicht stehen – ich liege meistens auf dem Tisch herum. Aber ich bin immer dann für meine Chefin da, wenn die sich etwas nicht merken kann und es schnell aufschreiben muss. Ich bin der Kugelschreiber der Kleinwalsertaler Bergwelten. Angezogen bin ich mit einem schicken apfelgrünen Mantel – genau die Farbe, die sich durch alles zieht, was mit uns zu tun hat. Ich habe einen weichen Griff und besonders stolz bin ich darauf, dass mein Name auf meinem Bauch steht. Und wenn ich gebraucht werde, bin ich mit dem stolzen Blau meiner Miene stets zur Stelle.
Vor kurzem hatten meine Chefin und ich unseren ersten gemeinsamen Einsatz – bei einem Interview. Alles, was uns unser Gegenüber erzählt hat, habe ich, geführt durch die Hand meiner Chefin, zu Papier gebracht. Nur mit meiner Hilfe konnte sie sich alle Informationen merken und dann am Computer eine neue spannende Geschichte daraus machen.
Leider war ich nicht lange bei ihr. Ich bin zum Schreiben da – und ich bin dafür da, unsere Bergwelten bekannt zu machen. Nach dem Einsatz neulich hat meine Chefin mich deshalb zum Dankeschön bei unserem Gesprächspartner gelassen – und da habe ich nun ein recht spannendes Leben. Ich bin viel mit draußen unterwegs, Reini mein neuer Chef nimmt mich überall mit hin. Er arbeitet nämlich bei einer ganz wichtigen Sache im Tal mit, die sich im Winter mit der Sicherheit im Tal beschäftigt: bei der Lawinenkommission. Und ich? Ich darf alles Wichtige aufschreiben. Nun darf ich dazu beitragen, dass es sicher zugeht im Tal und alle Leute die wichtigen Informationen auch erhalten. Bin ich vielleicht stolz, dass ich so eine wichtige Aufgabe übertragen bekommen habe. Aber davon haben wir euch ja schon extra erzählt.
Mein Bruder Marly ist bei Gitti vom Tourismus gelandet. Eines Tages hört Marly dort am Tresen etwas Komisches: „Sorry, may i have your pen, please? Just for a Moment.“ Um Gottes willen, was ist das denn? So findet er sich in der warmen weichen Hand einer hübschen Blondine wieder, die sein weiches Hinterteil drückt, um sich etwas zu notieren. Er schreibt flüssig, was ihre Hand hergibt. „Der schreibt gut,“ schmeichelt die Blondine meinem Kumpel Marly in gebrochenem Deutsch. Bloß gut, dass er nur das stolze Blau seiner Miene zur Verfügung hat, sonst wäre er jetzt glatt rot geworden. Aus Unachtsamkeit fällt er auf den harten Fliesenboden, doch nur Sekunden später liegt er wieder bequem in ihrer Hand. Und ganz wie nebenbei verschwindet Marly dann in der Brusttasche ihrer Skijacke. Ja, ihr lest richtig, in der Brusttasche …!!! Schön warm ist es hier und so kuschelig. Von dem Sturz schmerzt Marly‘s Körper ein wenig, im Nackenbereich, da tut so eine kleine Pause ganz gut.
Am nächsten Morgen beim Frühstück im Hotel muss Marly in der für ihn noch neuen Sprache ein paar Ansichtskarten schreiben. Er versteht nicht alles, aber wir Schreiberlinge lernen ja gerne. Wegen der fremden Sprache hat Marly kurz einen Schreck bekommen und seine Miene wollte erst mal nicht mitmachen, aber das war ganz schnell wieder vergessen. Dann hat er die schönen Winterpostkarten mit lieben Grüßen an die Familie vollgeschrieben. Ich glaube, es gefällt der neuen Besitzerin von Marly hier richtig gut, was sie ihrer Familie erzählt, klingt jedenfalls nach purer Begeisterung. Ich kann das echt verstehen. Und dann macht Henny, so heißt die neue Chefin, mit ihren Freundinnen noch Pläne für den Tag – und wieder ist Marly dabei, darf alle Vorschläge aufschreiben: Breitachklamm im Winter ist toll, heute Abend findet eine Fackelwanderung statt, das wäre doch was. Gleich nach dem Frühstück für 2 Stunden auf die Piste, am Nachmittag eine Pferdeschlittenfahrt und später noch zur Entspannung in die hoteleigene Sauna. Der Plan gefällt Marly, er freut sich, dabei zu sein. Als die Mädels aufbrechen, nehmen sie zwar ihre Notizen und die Karten für den Postkasten mit, doch mein Kumpel bleibt vergessen auf dem Tisch liegen. Weil auch er genauso wie ich keine Beine hat, kann er ihnen nicht hinterher laufen, rufen kann er auch nicht, also ergibt er sich schließlich in sein Schicksal.
Und so landet Marly dann auf dem Schreibtisch im Büro der Hotelchefin, die sich seiner angenommen hat. Bei Henny war es zwar auch nicht schlecht, sagt Marly – aber er hat eben auch nicht immer alles verstanden, was er aufschreiben musste. Da ist es ihm so entschieden lieber. Denn wir beide dürfen nun hierbleiben, in unserem Lieblingstal, in der schönsten Sackgasse der Welt.
Die Arbeit bei unserer eigentlichen Chefin machen jetzt unsere anderen Geschwister – und jeder von ihnen darf so wie wir irgendwann mal auf die Reise gehen, wenn auch sie neue Besitzer finden, die uns in die Welt hinaustragen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Wir sehen uns – irgendwann und irgendwo – ganz bestimmt aber auch im schönsten Tal dieser Welt, dem Kleinwalsertal.
(Die Grundidee dieses Textes stammt von meinem Lehrmeister der Blogschreiberei Rolf Köberle.
Vielen Dank für die Inspiration und das Verwenden-dürfen.)