Von   17. April 2019

Quo vadis Kleinwalsertal – Wohin willst Du gehen?

oder:

Wieviel Museum braucht der Mensch?

„„Offen – interaktiv – lebendig“ – das Museumskonzept wird umgesetzt.“ So ist es im „Walser“, dem Amtsblatt der Gemeinde Mittelberg und Wochenblatt sowie Heimatzeitung für das Kleinwalsertal, in der Ausgabe Nr. 15 vom 12.04.2019 zu lesen.

Die Überschrift flüchtig überflogen, könnte man sich freuen, dass es nach so langer Zeit nun endlich losgeht – wer aber tiefer in die Materie eintaucht und nicht nur euphorisch ist, sondern auch ein wenig hinterfragt und genauer hinschaut, dem drängen sich einige Fragen auf.

„Das Walser Museum in Riezlern wird laut einem mehrheitlichen Beschluss der Gemeindevertreter auf der jüngsten öffentlichen Sitzung hauptsächlich im Inneren durch entsprechende Maßnahmen zu einem modernen Museum der etwas anderen Art umgestaltet.“ So steht es am 12.04.2019 im Walser geschrieben.

Doch was heißt „modernes Museum der etwas anderen Art“? Eine Arbeitsgruppe aus dem Tal hat in Zusammenarbeit mit professionellen Museumsberatern und einem vielerorts agierenden Ausstellungsbüro über nun schon 2 Jahre hinweg Ideen gesammelt, geplant und diskutiert. Bestimmt haben sie viele Möglichkeiten erwogen, hin und her überlegt, entworfen, verworfen, wieder neu gedacht. Das Konzept steht und soll nun umgesetzt werden – aber steht die Finanzierung auch? Vor allem: Steht die Finanzierung so, dass sie für alle Seiten erträglich ist?

Wesentliche Schlagworte des Konzeptes sind „Walser-Wort-Generator“ (Karaokestation zum Aufsagen von Walser Sprüchen), „Monitorstation“ zum virtuellen Anziehen einer Walser Tracht, „Riech- und Fühlstationen“ im landwirtschaftlichen Teil oder ein Medientisch und ein Filmraum. Die gute alte und überaus zauberhafte Alphütte, Stube, Kammer und Küche werden im Dachgeschoss wieder einziehen, allerdings „aufgepeppt mit Handhör-Apparaten und speziell positionierten Monitoren …“

All die neuen Pläne lesen sich unwahrscheinlich spannend – fit für die Zukunft soll das Museum sein, ein Museum 5.0 sozusagen. Der Blick des Besuchers soll auf die Frage nach der Identität gelenkt werden, die Frage nach dem „wie wir geworden sind“ und „was wir sind“ steht im Mittelpunkt des „Beantwortet-werden-sollen“.

Bedenken ergeben sich bei den o. g. Schlagworten bei mir vor allem beim Thema Wertschätzung. Was passiert denn, wenn sich jedermann virtuell an dem jahrhundertealten Walser Dialekt oder der so wertvollen Walser Tracht „verlustigen“ kann, auch ohne die vielfältigen Hintergründe zu verstehen? Wo bleibt dann die Wertschätzung von mehreren 100 Jahre alten Traditionen? Tut man sich damit einen Gefallen – oder tut das vielleicht auch dem einen oder anderen Walser in seiner treuen Seele weh?

Braucht ein Heimatmuseum das alles, reicht statt 5.0 nicht auch ein Museum 2.0 – ein Museum, was zwar modernisiert ist, sich trotz allem aber auf das beschränkt, was es sein sollte und eigentlich auch sein will – nämlich ein HEIMAT-Museum? Braucht es all diese modernen Errungenschaften, den technischen Schnickschnack – oder wäre es vielleicht sinnvoller, ihm seinen liebevollen Charme zu erhalten, ein schickes Heimatmuseum zu sein, was dem Besucher zeigt, wer die Walser sind und warum sie so sind, wie sie sind? Charmant, liebevoll, einzigartig, besonders – ein Bergvolk eben, das auch mitten im Leben steht? Aber: Weniger ist manchmal mehr – und weniger Technik würde dem Museum trotzdem seinen besonderen Charme erhalten.

All diese Veränderungen kosten Geld. „Den im Jahr 2018 beschlossenen und budgetierten Aufwendungen in Höhe von 400.000 € stehen jetzt prognostizierte 899.000 € gegenüber.“ So schreibt die Walser Liste in einer Aussendung, nachzulesen im Walser vom 25.03.2019. In der bereits genannten Ausgabe des Walser vom 12.04.2019 steht zu lesen: „Die zuzuschießenden Kosten für den laufenden Betrieb: Kalkulierte 203.000 € pro Jahr, zu finanzieren zu 75 % aus touristischen Einnahmen (Gästetaxe) und 25 % aus dem allgemeinen Gemeindebudget.“

Womit wir bei einem wichtigen Thema wären: Jeder, der regelmäßig Gast im Kleinwalsertal ist, weiß um die jährlichen Erhöhungen der Gästetaxe, die zu den höchsten in Vorarlberg gehört. Gästetaxe ist gut sowie ein wichtiges und unverzichtbares Mittel für die Erhaltung der touristischen Infrastruktur. Doch jeder weiß auch, dass beispielsweise der Walserbus, eine sehr gute und wichtige Einrichtung des Tales, bereits jede Menge Geld aus der Gästetaxe verschlingt. Dazu kommt dann noch die Erhaltung anderer Infrastrukturen wie z.B. Pflege und Erhaltung der Wege, die u. a. auch aus diesem Topf beglichen wird – und noch einiges andere mehr.

Doch wo geht die Reise diesbezüglich hin, wenn evtl. bald jedes Jahr mehr als 200.000 € zu 75 % auch noch aus der Gästetaxe beglichen werden sollen? Das Kleinwalsertal als unangefochtener Spitzenreiter in Österreich mit einer Gästetaxe von vielleicht 5 € pro Tag und Person? Wo willst Du hin Kleinwalsertal – was willst Du Deinen Gästen noch zumuten?

Anfang dieses Jahres musste ein Mann mit vielen Ideen, die das Tal touristisch sicherlich weiter vorangebracht hätten, von heute auf morgen seinen Hut nehmen. Ein mehrköpfiges Gremium hatte sich einst für ihn entschieden, weil seine Ideen Anklang fanden. Doch plötzlich waren diese Ideen nicht mehr akzeptabel, die Ansichten, wie man das Tal weiter voranbringen könnte, waren nicht einmal 6 Monate später nicht mehr die Gleichen. Hat auch er die Frage gestellt: „Quo vadis Kleinwalsertal?“ Waren seine Fragen genauso unbequem wie jetzt möglicherweise unser Text hier unbequem sein wird für Manchen im Tal?

Im Walser vom 25.03.2019 ist in der Aussendung der „Walser Liste“ die Überschrift zu lesen: „Walser Museum – ja, aber nicht zu jedem Preis“. Dem schließen wir uns hier und heute voll inhaltlich an.

Ich möchte betonen, dass wir selbst zu den allermeisten Dingen, die im Tal passieren, eine überaus loyale Einstellung haben, denn wir sind froh und glücklich, hier sein zu dürfen. Aber ab und zu muss es möglich sein, Dinge auch einmal kritisch zu hinterfragen und sich den einen oder anderen Gedanken um bestimmte Fragen zu machen. Das wollten wir mit diesem Text erreichen.

Der Umbau des Museums ist beschlossene Sache, in einer Abstimmung wurde sich mehrheitlich dafür entschieden. Wir wollen keinen Ärger, keinen Zank und keinen Streit, wir wollen nur die kritische Auseinandersetzung zu einem wichtigen Thema, auch wenn es nicht mehr änderbar sein wird. Eine Meinung bilden muss sich schlussendlich jeder selbst.

In diesem Sinne: „Quo vadis Kleinwalsertal – wohin willst du gehen?“