Wie die Jahreszahl an den Gehrenhang kommt
und
ein Jahreswechsel mal anders – weil man eben keinen Knall hat!
Der Silvesternacht wohnt seit ewigen Zeiten ein ganz besonderer Zauber inne. Mit Freunden zusammen feiern, gut essen, Spaß haben – und um Mitternacht ein schönes Feuerwerk. Auch ich schaue mir ein tolles Feuerwerk gern an, habe aber einen gewissen Respekt vor dem Anzünden und ärgere mich am Morgen danach über den vielen Müll, der in der Natur herumliegt.
Im Kleinwalsertal geht man seit zwei Jahren einen anderen Weg – und ich finde: so geht’s auch! War ich zum Jahreswechsel 2020/21 noch skeptisch, bin ich in diesem Jahr dann doch schon überzeugter, dass auch ein ruhiger Jahreswechsel ein schöner Jahreswechsel sein kann.
Doch der Reihe nach:
Ein besonderes Highlight, was mir immer wieder Gänsehaut macht, ist die Jahreszahl des neuen Jahres am Gehrenhang. Wie von Geisterhand leuchten pünktlich um Mitternacht in kräftigem Rot die Ziffern der aktuellen Jahreszahl auf – ganz weit oben am Steilhang. Doch wie kommt eigentlich diese Zahl dort hin? Und wer sind die fleißigen Heinzelmännchen, die dafür verantwortlich sind?
Die Gehrenhang-Jahreszahl gab es erstmals in den 1980er Jahren. Vom Ortschronisten Stefan Heim und von einem der direkt Beteiligten (Jockl Metzger) war zu erfahren, dass bis 2004 die Feuerwehr Riezlern das übernommen hat. Doch die schwere Arbeit, die die Männer der Feuerwehr vollkommen freiwillig und mit viel Spaß verrichteten, wurde im Laufe der Jahre zu einer Selbstverständlichkeit. Es wurde zu wenig honoriert. Deshalb erfolgte innerhalb der Feuerwehr eine Abstimmung, die ein klares „Nein“ bzgl. der Fortsetzung ergab. Der harten Arbeit, ausgeführt vollkommen freiwillig, gebührt Dank und Anerkennung, das sollte doch eigentlich drin sein. Ich finde das sehr traurig. So kam es zu einer langen Pause von 14 Jahren, bis sich zum Jahreswechsel 2018/19 wieder Freiwillige fanden, die sich dieser Tradition erneut annahmen.
Doch wer steckt jetzt dahinter? Zur Beantwortung dieser Frage bemühen wir die wöchentlich erscheinende Heimatzeitung für das Kleinwalsertal „Der Walser“ mit den Ausgaben vom 04.01.2019 und vom 07.01.2022, wo sich jeweils Artikel dazu finden.
Hier lesen wir am 04.01.2019 auf Seite 4 davon, dass man wohl das Café „Uusziit“ als neuerliche Ideenschmiede dazu bezeichnen kann. Denn dort kam es Michi Kessler irgendwann 2018 in den Sinn, dass es doch eine schöne Sache wäre, diese Tradition wieder neu zu beleben. Er stieß mit seiner Idee auf offene Ohren und Begeisterung bei Freunden. Es fanden sich einige junge Bergretter der Ortsstellen Mittelberg-Hirschegg und Riezlern sowie weitere Helfer, die im wahrsten Sinne des Wortes „Feuer und Flamme“ waren.
Sehr viel Arbeit steckt dahinter, denn von allein kommt die Zahl nicht in den Hang. Es wird ordentlich Manpower und von den Freiwilligen ordentlich Freizeit investiert. Die Fackeln werden dankenswerterweise inzwischen von der Gemeinde bezahlt. Das ganze Material muss besorgt und dann hinaufgeschafft werden an den Gehrenhang, und das ist sicherlich ein „wilder Ritt“ – ganz gleich ob man von unten her aufsteigt oder die Kanzelwandbahn benutzt und dann über die Riezler Alp nach unten fährt. Ich als Nichtskifahrer kann mir das nur schwerlich vorstellen.
Aber haargenau so machten sich nun bereits zum 4. Mal wieder 10 Männer der Bergrettung und der Feuerwehr sowie weitere Helfer während des Silvestertages mit schwerem Gepäck auf Tourenski auf den beschwerlichen Weg. Während sie oben mit Fackeln die Zahl des neuen Jahres stecken, braucht es aus dem Tal Hilfe. Also steht dort der 11. Mann nicht nur mit viel Erfahrung, sondern auch mit Fernglas und Funkgerät, um die Aktion zu koordinieren und ggf. zu korrigieren. Schließlich soll auch alles schön gerade und gut zu lesen sein. Erst wenn die Jahreszahl perfekt dasteht, kommt aus dem Tal das Okay und der erste Teil der mehrstündigen Arbeit ist geschafft. Ganz bestimmt kommt bei aller Arbeit aber sicher auch der Spaß nicht zu kurz.
Im Umgang mit den Fackeln ist allemal Vorsicht geboten. Sie kommen von einer Spezialfirma und sind aus Magnesium mit extra heller Farbe und langer Brenndauer, die für den Privatgebrauch nicht zu haben sind. Jockl Metzger verrät, dass man die Fackeln wegen der Dämpfe nicht zu nah am Körper halten und auch auf die Kleidung nichts kommen darf. Die Dinger sind offenbar im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich …
Etwa 2 Stunden, bevor der Jahreswechsel-Countdown dann angezählt wird, machen sich die Männer mit den Skiern erneut auf den Weg hinauf, um pünktlich um Mitternacht unter aller Vorsicht die Fackeln zu entzünden, die in kräftigem Rot für gut 20 min das neue Jahr anzeigen. Und während es oben am Hang leuchtet, läuten unten im Tal die Kirchenglocken. Das ist der Gänsehautmoment schlechthin – sicherlich nicht nur für mich …
Es bleibt zu betonen, dass die Jahreszahl am Gehrenhang keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist. Ohne das Engagement der Freiwilligen an jedem Silvestertag gäbe es das nicht. Deshalb geht auch hier ein ausdrücklicher Dank an die fleißigen „Heinzelmännchen“, die im „Walser“ vom 07.01.2022 namentlich genannt sind. Mit dabei waren in diesem Jahr: Michi Kessler, Mathias Bischof (der Mann mit dem Fernglas), Adrian Huber, Vinzenz Bantel, Simon Schairer, Hannes Kruhm, Valentin Reichle, Pius Meusburger, Manuel Guggenberger, Ule Haak und Jockl Metzger. DANKE JUNGS …
(Ich danke für die ausführlichen Informationen und Hilfe vor allem Joachim Metzger, Ule Haak und Stefan Heim.)
Und dann ist da noch die Laserprojektion, mit der in der Silvesternacht ab 23.45 Uhr das alte Jahr verabschiedet und das Neue begrüßt wird. Wie aber kommen die Bilder an die 4 Hänge Schwendle Mittelberg, Nebenwasser Hirschegg, Außerhirschegg und natürlich den Gehrenhang in Riezlern?
Ausführend war die Firma HF Eventtechnik Hohenems mit Firmensitz in Hergensweiler bei Lindau und einer Außenstelle in Hohenems. Gerade noch rechtzeitig während der Erstellung dieses Textes war vom dortigen Geschäftsführer Herrn Harald Fink in einer sehr ausführlichen Mail zu erfahren, was alles notwendig ist, bis die Bilder laufen können. Es ist ein sehr komplexer Vorgang, bis man sich im Kleinwalsertal an der Silvestershow erfreuen kann. Das beginnt mit der Erstellung eines Grundkonzeptes, welches diverser behördlicher Genehmigungen wie Naturschutz, Jagd, Radio etc. bedarf, gefolgt von einer Prüfung der Projektionsorte auf Wildbestand und Besiedelung. Erst wenn alle Genehmigungen vorliegen, geht die Arbeit weiter. Die vom Kunden vorgegebene Geschichte wird in der Programmierung umgesetzt. Herr Fink schreibt hierzu: „Man muss sich dies wie ein Musikvideo vorstellen, zuerst wird der Ton im eigenen Tonstudio als gesamte Spur produziert, danach kommt zum Ton die graphische Programmierung. Am Schluss nach Freigabe vom Kunden wird noch ein Video fürs Internet erstellt.“ Und dann geht es an die technische Umsetzung, die sehr komplex ist und alle modernen Übertragungstechniken wie Internet, Glasfaser, Funk und Radio enthält. Für die Ausarbeitung und Umsetzung der Show sind insgesamt 8 Mitarbeiter einige Monate gefordert.
Herzlichen Dank an Herrn Fink für die ausführlichen Informationen. Wer sich genauer informieren möchte, dem sei die Homepage der Firma empfohlen: https://hfeventtechnik.com/
Das nunmehr schon zum 2. Mal stattgefundene Bergsilvester – der Jahreswechsel der anderen, der leisen Art – ist ein durchaus gangbarer Weg. Eine schöne Lasershow, moderiert in diesem Jahr von unserem lieben Freund Ule Haak, gemeinsame Zeit der Besinnung auf das was war und das was kommen wird und ein mit farbigen Lichtpunkten nachgestelltes Feuerwerk mit der passenden Musikuntermalung haben allemal auch etwas Reizvolles. Zudem die Möglichkeit des Livestreaming, die Standard werden sollte, damit auch alle Kleinwalsertal-Fans dabei sein können, die nicht vor Ort sind. Und wer weiß, vielleicht gibt es im nächsten Jahr einen Jahresrückblick 2022 mit Ereignissen aus dem Tal … das wäre mal eine Idee.
Wir jedenfalls wünschen unseren Bloglesern hier jetzt auch nochmals alles Gute für 2022, auch wenn das Jahr nun schon ein paar Tage alt ist – und danken für Eure Treue. Unseren Freunden, Helfern, Informanten und allen, die wir jetzt gerade vergessen haben, danken wir für die Unterstützung. Wir sind froh, dass es euch gibt.
Euer Team der kleinwalsertaler-bergwelten.de