Von   20. September 2015

Ist Ihnen in diesen schönen Herbsttagen auch einmal ein bunter Schirm am Himmel aufgefallen? Gleitschirmflieger nutzen Wind und Wetter jetzt noch einmal in vollen Zügen aus, bevor der Herbst mit seiner launischen Wetterküche zuschlägt. Schon lange habe ich den Wunsch, meine geliebten Berge auch einmal aus der Luft zu sehen. Dafür gibt es in den Alpen mehrere Möglichkeiten. Eine Ballonfahrt ist eine Option, für mich sollte es aber etwas anderes sein. Mit Freude habe ich schon oft den farbenfrohen Tupfern von Gleitschirmen am Himmel hinterher gesehen und darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, frei wie ein Vogel im Wind lautlos über das Kleinwalsertal zu schweben. Diese Frage wollte ich mir nun endlich beantworten. Der passende Flugpartner ist bald gefunden, Kontakt aufgenommen und das Flugabenteuer gebucht. Mit dem passenden Wetter finde ich mich eines Morgens am vereinbarten Treffpunkt ein und lerne meinen Tandempiloten kennen. Der erklärt mir zunächst, wie der Vormittag ablaufen wird, dann geht es mit großem Fluggepäck zur Nebelhornbahn und hinauf auf den Gipfel.

Am Nebelhorngipfel angekommen, bekomme ich am Startplatz einen Anzug, Helm und das Gurtzeug angelegt und anschließend eine Einweisung in den Startvorgang – inklusive Trockentraining. Bis jetzt war ich völlig ruhig, aber als mein Tandempilot mich in die Karabiner einhakt, steigt die Nervosität. Als sich hinter mir der Schirm hebt, der Zug nach oben gewaltig wird und das Kommando „Lauf!“ kommt, klopft mir das Herz bis zum Hals. Schnell habe ich das Gefühl, den Kontakt und den Halt zum Boden zu verlieren und als wir nach geglücktem Start in gut 2.200 m Höhe abheben, kann ich einen Juchzger nicht mehr vermeiden. Über mir der strahlend blaue Himmel, unter mir das Allgäu, trägt uns die Thermik zu den Gipfeln der Oberstdorfer Berge, dem Kleinwalsertal entgegen und ich sehe meine mir vertrauten Lieblingsberge aus der Vogelperspektive.

Mein Leben hängt an ein paar Seilen und einem bunten Stückchen Stoff, ich habe nichts als Luft unter den Füßen, die Sonne im Gesicht und den leise säuselnden Wind um die Nase. Die Freiheit ist in diesem Moment grenzenlos, frei wie der Adler – der König der Lüfte – im Wind und ich kann eine kleine Freudenträne nicht mehr unterdrücken.

Ich lausche dem Flüstern des Windes und den Erklärungen meines Tandempiloten und strahle ab und an in die Kamera, mit der für mich Bilder aus der Luft gemacht werden. Mein Zeitgefühl ist nicht mehr vorhanden, ich kann nicht sagen, wie lange wir über den Bergen kreisen, immer wieder auf einen Gipfel zufliegen und uns langsam aber sicher dem Boden wieder nähern. Ich bin viel zu sehr mit dem Sammeln dieser unvergesslichen Eindrücke beschäftigt, als dass ich noch irgendetwas anderes mitbekommen würde. Aber irgendwann bekomme ich meine Landeanweisung für die große Wiese, die unter uns liegt und auf der es vor bunten Gleitschirmtupfern nur so wimmelt. Als wir auf dem weichen Grün aufsetzen, werfe ich nur noch die Arme in die Luft und als ich am Boden meine Freunde wieder treffe, die mich an diesem Tag begleiten, diesen die Arme um den Hals.

Der erfolgreiche Flug und die glückliche Landung werden sogleich mit einem Flugsekt begossen, ich habe so viel Adrenalin in mir, dass ich das Glas mit zittrigen Händen halte und aufpassen muss, dass ich nichts von diesem köstlichen Tropfen verschütte. Und ich bin nur noch am Erzählen: Das eben Erlebte sprudelt nur so aus mir heraus! Eins weiß ich sicher: Dieser Gleitschirmflug wird nicht mein Letzter gewesen sein – den Gutschein für „das nächste Mal“ werde ich aufheben und sicher im nächsten Sommer einlösen. Mein Dank geht an dieser Stelle an das Team von „Vogelfreifliegen“ aus Oberstdorf für dieses tolle Erlebnis – ich habe mich wohl und sicher gefühlt und werde bestimmt wieder mit euch in die Luft gehen. Und wenn ich heute wieder einmal einen Gleitschirm über das Kleinwalsertal schweben sehe, habe ich immer ein Lächeln im Gesicht mit der Erinnerung an ein tolles Abenteuer: Meine Berge von oben – frei wie der Adler im Wind!

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