Himmlisch blau und herrlich weiß – Altbekanntes neu entdeckt
Dieser Tag sollte noch einmal ein ganz Besonderer werden. Wieder einmal himmlisch blau und herrlich weiß begrüßt er mich am Morgen, als ich die Vorhänge zurück ziehe und so ist beim Frühstück schnell die Entscheidung gefällt, heute die alte Handelsstraße der Walser – den Alpweg vom Söller nach Riezlern – zu begehen.
Nach der Auffahrt mit der Söllereckbahn reichen wenige Schritte aus, um die Schrattenwangalpe und damit den höchsten Punkt der Wanderung zu erreichen. Kurz darauf überschreite ich wie schon so oft die Staatsgrenze. Einsame Spuren im Schnee verraten, dass hier noch vor kurzem Skitourengeher unterwegs gewesen sein müssen. Ich werde aber unterwegs auch auf Schneefelder aufmerksam, die von Lawinenabgängen vom Fellhorngrat zeugen und betrachte die Winterlandschaft mit gehörigem Respekt.
Der gut gewalzte Wanderweg lässt sich unbeschwert laufen, Familien sind mit Kindern und Schlitten unterwegs genauso wie ältere Winterfreunde, wieder einmal ein Weg für alle Generationen. Der Schnee glänzt silbern auf den Hängen, die Kristalle glitzern in der Sonne unter’m strahlend blauen Himmel um die Wette und wieder verspüre ich das Bedürfnis nach dem hautnahen Kontakt, aber ich bin hier nicht allein unterwegs und unterlasse es deshalb, mich in das frische Weiß zu werfen, sei es auch noch so verlockend …
Den wunderbaren Blick zum Hohen Ifen und zum Gottesacker kenne ich in- und auswendig, in der klaren Winterluft kommt er noch deutlicher zur Geltung und macht Gänsehaut, allerdings nicht wegen der Temperaturen, nein, es ist eine Wohlfühlgänsehaut, die mich immer wieder überkommt.
Die Mittelalpe liegt eingeschneit ganz ruhig da, ihr werde ich im nächsten Sommer wieder einen Besuch abstatten. Am Bergstüble werden Schlitten ausgeliehen, mit denen man die Rodelbahn ins Oberwestegg für die Abfahrt mit Spaß benutzen kann. Das werde ich ein anderes Mal nutzen. Schließlich quere ich den Westeggtobel, der wenig Wasser, aber reichlich Eis zu bieten hat und erreiche nach etwa 2 Stunden wieder meine Lieblingsbank mit dem Blick auf den Dorfkern von Riezlern.
Wie immer fällt es mir schwer, mich von meinem Lieblingsplatz zu lösen, aber ich habe heute noch etwas vor. So springe ich schließlich in Riezlern in den Bus der Hauptlinie und fahre nach Mittelberg. Dann wechsle ich in Höflerbus, Linie 4 und steige als einziger Fahrgast an diesem traumhaften Nachmittag an der Haltestelle des Weilers Schwendle wieder aus.
Über die Schwendlestraße vorbei am Gasthof Schwendle und dem Bergheim Moser tauche ich ein ins Wildental. Ach, ist das schön! Der Weg schlängelt sich an der steilen Nordflanke des Zwölfer durch den Wald hinauf, die Sonne lacht noch immer über den Bergspitzen und der Wind weht Schneefahnen auf den Gipfeln empor. Der Blick wird frei für das wunderbar verschneite Wildental und über allem thronen die ca. 2.300 m hohen Schafalpköpfe.
Zwischen der unteren und der oberen Wiesalpe begegnen mir wieder Skitourengeher, die diesen schönen Tag auch in vollen Zügen ausgekostet haben, woher sie wohl gerade kommen? Ich erfahre es nicht, aber in ihren Gesichtern sehe ich die Zufriedenheit, die nur ein erfolgreicher Tag zeichnet. Sie bleiben an der Wiesalpe für eine Einkehr hängen, ich jedoch möchte die Sonne noch ein wenig auskosten, denn bald wird sie hinter den Bergen verschwunden sein.
Auch mein Tag geht als einer der Schönsten zu Ende, als ich mich über den Energieplatz Wildental, Höfle und Nebenwasser wieder auf den Rückweg nach Riezlern mache. Mit den letzten Sonnenstrahlen erreiche ich nach etwa 3 Stunden das Dorf und bin mehr als zufrieden mit meinem himmlisch blauen, sonnigen und herrlich weißen Traumtag.
Inzwischen sind auch wir Freunde auf Lebenszeit, der Kleinwalsertaler Winter und ich.
Ich genieße das Tal nun immer öfter, ein oder zwei Aufenthalte im Jahr reichen längst nicht mehr aus, alle paar Wochen brauche ich zumindest ein paar Tage für mich in meinen geliebten Kleinwalsertaler Bergen. Inzwischen kenne ich alle Facetten, alle Farben, alle Schattierungen dieses schönsten Tales aller schönen Täler. Ich weiß, dass das Kleinwalsertal und seine Natur zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter eine besondere Seele haben und immer liebenswert sind. Deshalb werde ich auch weiter kommen, in immer kürzer werdenden Abständen im Frühjahr, im Sommer, im Herbst und im Winter, bei jedem Besuch mit Begeisterung und immer wieder mit großer Freude im Herzen.