Von   29. Januar 2017

Skifahren einst und jetzt – eine geschichtliche Betrachtung

Ursprünge um 1860

Die norwegische Landschaft Telemarken gilt gemeinhin als Ursprungsregion des Skifahrens als sportliche Betätigung. Die Norweger sorgten für eine massive Verbreitung des Skisports in Europa und Nordamerika. Die zunehmende Popularität des Skisports in Norwegen führten in der zweiten Hälfte der 1890er Jahre in Mitteleuropa zu einem regelrechten Skiboom. Norwegische Skier wurden importiert und Skivereine gegründet: 1891 in Deutschland, 1893 in der Schweiz und schließlich 1901 in St. Christoph am Arlberg. Begründer der alpinen Skilauftechnik ist Mathias Zdarsky, der zur Zeit seiner Ski-Entdeckungen in Lilienfeld in Niederösterreich lebte. Ihm wird die erste Bergabfahrt der Skigeschichte zugeschrieben.

In den 1920er Jahren nahm der alpine Skisport in den Alpen einen ersten Aufschwung. Durch die vor dem Ersten Weltkrieg ausgebauten Eisenbahnlinien kamen auch im Winter mehr Touristen in die Berge und die ersten Skischulen außerhalb von Skiclubs wurden gegründet, um ihnen das Skifahren beizubringen (z. B. 1921 in Lech am Arlberg).

Entwicklung zum Massensport um 1950

Die Entwicklung des alpinen Skilaufs zum Breitensport wurde im 20. Jahrhundert vor allem ab den 1950er Jahren durch den verstärkten Bau von Skipisten mit Seilbahnen und Skiliften und deren immer größerer Beförderungskapazität gefördert, wie auch durch den starken Ausbau der touristischen Infrastruktur (Skigebiete, Skihütten, Beherbergungsbetriebe in der Wintersaison usw.). So stieg die Anzahl der Skifahrer von 5 Millionen weltweit im Jahr 1950 auf 35 Millionen im Jahr 1975. Dabei steht weniger der Leistungsgedanke wie beim Wettkampfsport Ski Alpin im Vordergrund, sondern die Bewegungserfahrung, das unmittelbare Naturerlebnis, soziale Kontakte und als vorwiegend österreichische Unterhaltungsform, das Après-Ski. Skifahren ist in den Alpenländern – besonders in der Schweiz und in Österreich – eine der beliebtesten Wintersportarten, bedeutender Faktor des Wintertourismus und von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung. (1)

Der Skiwinter im Kleinen Walsertal

Während am Arlberg bereits um die Jahrhundertwende der Skisport üppig zu gedeihen begann, waren im Kleinen Walsertal die Anfänge etwas später zu verzeichnen. Pioniere waren hier die einheimischen Handwerker Karl Max Keßler (Hersteller der „Gleithölzer“) und Emil Brutscher (Hersteller der Bindung), die um 1896 die ersten Skier selbst fertigten, während diese andernorts noch immer aus Norwegen bestellt worden waren. Kleine Skiausflüge in Riezlerns Umgebung und in das vordere Schwarzwassertal waren die Anfangstouren, einige Einheimische schlossen sich an und am 28. Januar 1906 wurde in Riezlern  durch 22 Skifreunde der erste Skiclub („Skiclub Riezlern“) gegründet. Hirschegg und Mittelberg folgten mit einem zweiten Verein im Jahr 1908 (im Jahre 1939 wurden die Vereine im „Schiklub Kleinwalsertal“ zusammengeführt). Bereits 1907 gab es einen Abfahrtslauf von der Kanzelwand von 6 km Länge mit einem Höhenunterschied von 950 m.

Hatten Einheimische die ersten Anfänge zu ihrem eigenen Vergnügen begonnen, so kam als mächtiger Impuls von außen im Ersten Weltkrieg ein Schneeschuh-Bataillon aus Deutschland in das Kleine Walsertal und schlug hier sein Übungslager auf. Nach Kriegsende erinnerten sich die Militärfahrer von einst an das herrliche Skigelände und den schönen Schnee und kamen für ein Privatvergnügen wieder – als willkommene Schrittmacher eines neuen, gesunden, sportlichen Zeitalters. Skihütten, Gasthöfe und Fremdenzimmer schossen wie Pilze aus der Erde und die Nachfrage war bald größer als die Anzahl an vorhandenen Quartieren.  (2)

Für viele junge Leute hatte der lange Bergwinter nun seinen Schrecken verloren. Besonders die Schuljugend begeisterte sich für die Bretter, die ihnen schon bald die Welt bedeuteten. Einheimische Freunde wissen zu berichten, wie das damals ablief, wenn man als Schulbub den Skihang direkt vor der Nase hatte: „Wenn ich vom Schulunterricht nach Hause kam, wurde zuerst einmal der Schulranzen in der Küchenecke zwischengelagert, das Mittagessen schnell hinuntergeschlungen und schon schlüpfte ich in die Skihose und schnürte die bergschuhähnlichen Skischuhe, die schon bald von den ersten Schnallenschuhen abgelöst wurden. Mit ein paar Stockschüben war ich in null Komma nix am Schwandl …“ (3)

Doch nicht nur die Einheimischen hatten ihren Spaß am Winterabenteuer. Auch der Zustrom der Urlauber steigerte sich von Jahr zu Jahr. Als erste Aufstiegshilfe wurde 1938 der Parsennlift erbaut, im Winter 1948 errichtete ein einheimischer Familienverband den Zafernalift in Mittelberg und in den folgenden drei Jahrzehnten folgten 26 weitere Schlepplifte, zwei Luftseilbahnen und vier Sessellifte, die das gesamte Skigebiet und die Naturschönheiten im Tal und bis über die Waldgrenze erschlossen. (4)

Und heute …?

Heute bietet das Wintersporterlebnis im Kleinwalsertal grenzenlose Möglichkeiten. Im Verbund mit dem nahegelegenen Oberstdorf stehen insgesamt 128 km schneesichere Pisten bereit, von 47 Liften und Bahnen erschlossen. Für die meisten Wintergäste hat sich auch die Denkweise beim Skifahren im Laufe der Zeit verändert: Schnelligkeit und Frequenzzahlen sind nicht die Hauptsache, heute bestimmen Glücksgefühle und Genuss die Wertigkeit eines Skitages. Oben angekommen, erst mal stehen bleiben, einen Blick auf die Berge werfen, runter ins Tal auf die Orte schauen, genießen und sich Zeit nehmen. Erst dann macht die Bindung klick. Das Genießen und die Erholung stehen bei allem im Vordergrund.

 

 

Quellenangaben:

(1) Stark gekürzt aus Wikipedia

(2) „Das kleine Walsertal – ein Alpenjuwel“ (Prof. E. A. Pfeifer, IV. Auflage 1953)

(3) „G’schichten aus dem Kleinwalsertal“ (Rolf Köberle, Eigenverlag Köberle/Pabst 2013)

(4) „Kleinwalsertal einst und jetzt“(Wilhelm Fritz, 1988)