Von   7. Juli 2019

Mensch und Kuh auf Du und Du

Für ein gutes Miteinander auf Vorarlbergs Alpen

Kühe gehören zu jeder richtigen Alpe einfach dazu. Daher wird der Mensch auf nahezu jeder Wanderung in der Bergwelt Kontakt mit diesen Tieren haben – vermeiden lässt sich das nicht.

Jeder wird aber noch diverse Schlagzeilen im Kopf haben, bei denen es um „wildgewordene Kühe“ und Angriffe auf Menschen und Hunde mit zum Teil tragischem Ausgang (Tirol 2014) ging, bei denen dann von Schadensersatzklagen gegen die Bauern zu lesen war und schlussendlich von der hilflosen und für den Bauern einzigen Konsequenz: Dem Sperren der Wanderwege über sein Alpgebiet.

In Österreich gibt es rund 8.000 bewirtschaftete Alpen und Weiden. Sie sind Natur pur, aber auch wichtige Wirtschaftsräume und vor allem geschätzte Urlaubsziele. Das Zusammenspiel zwischen Wandertourismus und Alpwirtschaft ist ein Erfolgsrezept. Der Wanderer erlebt ein naturverbundenes Freizeiterlebnis, die Alpen mit regionalen Lebensmitteln und natürlicher Vielfalt eine enorme Wertschätzung nicht nur für sich selbst, sondern für die gesamte Region. Zudem ist ein weiterer wesentlicher Aspekt, dass die auf der Alpe im Sommer befindlichen Kühe sich auch als Landschaftspfleger betätigen, so dass die Kulturlandschaften gepflegt und zugänglich bleiben.

Damit das so bleibt, ist es aber erforderlich, ein paar Verhaltensregeln zu beachten. Das „Problem“ im Zusammenhang mit Kühen sind nämlich selten die Kühe selbst. Meist ist es falsches Verhalten der Wanderer, welches zu Konfliktsituationen führt. Angriffe auf Wanderer lassen sich in der Regel vermeiden, wenn man ein paar Dinge beachtet. Auf die 10 Regeln zum Umgang mit Weidevieh wollen wir im Folgenden kurz eingehen und gleichzeitig Entwarnung geben: Kühe sind alles andere als aggressive Killermaschinen. Einfach nur niedliche Kuscheltierchen sind sie aber auch nicht, gebührender Respekt ist deshalb schlicht und einfach gleichwohl angebracht wie auch notwendig. Es liegt an uns, der Kuh glaubhaft zu vermitteln, dass wir keine Gefahr für sie darstellen, dass wir ihr nichts Böses wollen.

  1. Kontakt zum Weidevieh vermeiden, Tiere nicht füttern, sicheren Abstand halten!

Wenn möglich, auf dem Wanderweg bleiben und nicht mitten durch eine Kuhherde hindurch laufen. Versperrt die Herde den Weg, fixiert sie einzelne Wanderer oder zeigt sie sich sehr unruhig, besser einen Umweg machen und wenn möglich in großem Bogen um die Herde herumgehen.

  1. Ruhig verhalten, Weidevieh nicht erschrecken!

Kühe sind aufgrund ihres eingeschränkten Blickfelds schreckhaft. Wer sich frühzeitig bemerkbar macht, verhindert ein unschönes Überraschungsmoment. Hektik vermeiden, Ruhe bewahren – und locker-lässig an den Rindsviechern vorbeiwandern. Hektische Bewegungen oder das wilde „Herumfuchteln“ mit den Armen oder Stöcken sowie Lärm bitte vermeiden. Ist die Aufmerksamkeit der Tiere bereits auf den Wanderer gerichtet, sollte sich dieser selbstbewusst den Tieren gegenüberstellen und sich dann möglichst ruhig, aber zügig von der Herde entfernen.

  1. Mutterkühe beschützen ihre Kälber, Begegnung von Mutterkühen und Hunden vermeiden!

Mutterkuhherden nach Möglichkeit immer umgehen. Mutterkühe nehmen vor allem Hunde als Gefahr für ihre Kälber wahr und könnten daher angreifen, um ihre Kälber zu schützen. So niedlich der Nachwuchs auch sein mag, erfreut euch am Anblick aus gewisser Entfernung und so gern ein jeder von uns es tun würde: Das Streicheln der Kälber ist absolut tabu! Der Mutterkuh bereitet das Stress, auf den sie dann entsprechend reagieren könnte.

  1. Hunde immer unter Kontrolle halten und an der kurzen Leine führen. Ist ein Angriff durch ein Weidetier abzusehen: Sofort ableinen!

Falls Waldi, Arco und Co. beim Anblick der Kühe zu bellen beginnen, umwandert man die Weide am besten gleich weiträumig. Habt ihr einen gut erzogenen Hund: Prima – ihr habt gute Arbeit geleistet. Trotzdem sollte er angeleint bleiben und ihr solltet gemeinsam einen ausreichenden Abstand zu den Weidetieren wahren.

Hunde können von den Rindern als Bedrohung wahrgenommen werden. Wenn das Weidevieh anfängt, auf den Hund zuzugehen, sollten Wanderer ihren vierbeinigen Liebling unbedingt von der Leine lassen. Der Hund nimmt mit Leichtigkeit Reißaus und sein Besitzer ist damit auch außer Gefahr.

  1. Wanderwege auf Almen und Weiden nicht verlassen!

Auf den Wegen bleiben sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, egal ob mit oder ohne Rinderherde auf einer Weide. Abseits von Wegen hat der Mensch nichts verloren – so oder so.

  1. Wenn Weidevieh den Weg versperrt, mit möglichst großem Abstand umgehen!

Tut es, wenn es geht. Aber manchmal ist es auch leichter gesagt als getan. Uns selbst schon so ergangen: Auf schmalem Bergpfad eine Kuh und keine Möglichkeit des großräumigen Umgehens. Patentrezept? Das gibt es nicht. Wir haben uns vorsichtig und langsam genähert, das Tier leise angesprochen und dann abgewartet, bis uns ein wenig Platz gemacht wurde, wo wir uns dann vorsichtig „durchmogeln“ konnten. Hat geklappt … 🙂

  1. Bei Herannahen von Weidevieh: Ruhig bleiben, nicht den Rücken zukehren, den Tieren ausweichen!
  2. Schon bei ersten Anzeichen von Unruhe der Tiere Weidefläche zügig verlassen!

Auf Drohgebärden achten: Das Drohverhalten von Rindern ist relativ leicht zu erkennen.

Gefahrenstufe 1 – Vom Rind fixiert: Rinder lassen die von ihnen als Bedrohung wahrgenommene Gefahrenquelle nicht mehr aus den Augen

Gefahrenstufe 2 – Kopfzeichen: Sobald eine Kuh ihren Kopf senkt und dem Wanderer ihre Stirn darbietet, ist Schluss mit Lustig

Gefahrenstufe 3 – Nahkampf: Spätestens wenn die Kuh sich nähert, ist es an der Zeit, Abstand zwischen sich und das Tier zu bringen. Aber bitte jetzt nicht die Beine in die Hand nehmen, sondern Ruhe bewahren und sich langsam entfernen. Keinesfalls einem Tier in diesem Verteidigungsmodus den Rücken zukehren. Und wenn gar nichts mehr hilft, dann darf in sicherer Tonlage auch laut gebrüllt und / oder mit einem Stock gefuchtelt werden. Das schüchtert ein.

  1. Zäune sind zu beachten! Falls es ein Tor gibt, dieses nutzen, danach wieder gut schließen und Weide zügig queren!

Ein gesteckter Zaun hat immer einen Grund – und Türen schließen sollte selbstverständlich sein – oder lasst ihr daheim eure Türen auf? Wir befinden uns hier schließlich im Sommerwohnzimmer der Kühe.

  1. Begegnen Sie den hier arbeitenden Menschen, der Natur und den Tieren mit Respekt!

Und was für die Kühe auf den Weiden gilt, gilt analog auch für Ziegen, Schafe und alle anderen tierischen Alpbewohner, auch wenn sie sich in einem eingezäunten Areal befinden. Jede Tiermutter wird ihr Junges verteidigen – und Bekanntschaft zu machen mit den Hörnern einer Ziege oder dem harten Schädel eines Schafes muss ja nicht sein. Erfreuen wir uns einfach nur an ihrem Anblick, an ihrem fröhlichen Spiel und ihrem lustigen „Gemecker“ – das geht auch mit respektvollem Abstand.

Die Wanderwege im Weidegebiet zu verlegen, wie es schon manchmal gefordert wurde, lässt sich sicher nicht verwirklichen. Und die Sperrung von Wanderwegen durch die Alpbauern lässt sich sicherlich auch vermeiden. Eine tatsächliche und strikte Trennung von Bergwanderern und Weidevieh ist wohl nirgends machbar und ganz sicher auch nicht sinnvoll. Die Tiere sind schließlich keine Ungeheuer!!!

Die ersten Wanderwege waren allesamt Alm- und Viehtriebswege, ein Miteinander war immer möglich. Mit „weideviehfreien Zonen“ würden wir alle nicht weit kommen und überzogene Forderungen an die Almbauern und Schuldzuweisungen mit Schadenersatzansprüchen würden sowohl dem Wandertourismus als auch den Erholungsmöglichkeiten in der gepflegten Kulturlandschaft nur schaden.

Begegnen wir den auf der Alpe arbeitenden Menschen, der Natur und den Tieren mit Respekt. Wir Menschen müssen uns an die wunderschöne Landschaft mit allem was dazu gehört anpassen und nicht umgekehrt – sie ist uns nur geliehen!

In diesem Sinne: Für ein gutes Miteinander auf Vorarlbergs Alpen

https://www.sichere-almen.at/