Unsere Freizeit für Ihre Sicherheit – zu Besuch bei der Freiwilligen Feuerwehr Riezlern
Was, wenn es einmal brennt oder man nach einem Verkehrsunfall Hilfe braucht? Was, wenn nach tagelangem Dauerregen plötzlich Muren abgehen und Straßen versperren oder sich in Häuser ergießen? Dann ist nach dem Notruf 122 die Feuerwehr zur Stelle.
Weihnachten 2018: Von einem Campingplatz in Riezlern wird der Notruf gewählt. Kurze Zeit später fangen die Alarmmelder an zu piepsen. F3 lautet die knappe Meldung: mittleres Brandereignis. Knapp 8 min nach der Meldung sind 34 Feuerwehrleute vor Ort, um den Brand an einem Wohnwagen zu löschen, ein Übergreifen auf andere Wohnwägen zu verhindern und die durch eine Rauchvergiftung Verletzten bis zur Übergabe an den Rettungsdienst zu versorgen.
Unseren Blick hinter die Kulissen der FFW Riezlern beginnen wir mit einem kurzen geschichtlichen Abriss: Erste Erwähnung findet das Feuerwehrwesen im Kleinwalsertal bereits im 17. Jahrhundert. Seit 1849 besitzen die drei Taldörfer einen auf Gegenseitigkeit gegründeten Verein zur Brandversicherung. 1926 wurde eine Pflicht zur Mitarbeit bei der Feuerwehr beschlossen, was die Mannschaftsstärke erheblich vergrößerte. In den Nachkriegsjahren des 2. Weltkrieges erfuhr das gesamte Feuerwehrwesen im Tal eine Umbildung und entwickelte sich über Jahrzehnte ständig weiter. 1991 feierten die Kleinwalsertaler Feuerwehren ihr 100-jähriges Bestehen und sorgen seit der Gründung der Jugendfeuerwehr im Frühjahr 1992 auch für den eigenen Nachwuchs. 2017 ein weiterer großer Meilenstein: Das neue Gebäude, in dem Feuerwehr und Bergrettung in Riezlern gemeinsam ein neues Zuhause finden, wird mit einem großen 2tägigen Fest im Juli feierlich eingeweiht. Damit verbessern sich die Bedingungen enorm.
Seit 2013 leitet Sascha Duffner als Kommandant der FFW Riezlern deren Geschicke. Mit ihm haben wir uns zu einem Gespräch getroffen und dabei einen sehr intensiven Einblick in die ehrenamtliche Tätigkeit und die vielfältigen Aufgaben der Feuerwehr erhalten.
Zurück zu unserem Alarm vom Anfang dieses Textes. Jeder Alarmruf läuft in der Zentralen Rettungs- und Feuerwehrleitstelle in Feldkirch auf. Dort sitzen geschulte Sachbearbeiter am Telefon, die sich anhand einiger gezielter Fragen einen Überblick über die Geschehnisse verschaffen und dann mit einem bestimmten Alarmcode die Rettungskette in Gang setzen. Kurze Zeit später erhalten die Mitglieder der Feuerwehr auf ihre Alarmpager, die sie Tag und Nacht bei sich tragen, die Alarmierung.
Die Freiwillige Feuerwehr Riezlern ist die Hauptfeuerwehr des Tales und Stützpunkt, das bedeutet, dass sie auch mit Sonderaufgaben betraut ist und Spezialfahrzeuge und Spezialgerät vorhält, welche im ganzen Tal zum Einsatz kommen. Anders als beispielsweise in Deutschland, wo es z.B. für Aufgaben des Katastrophenschutzes das Technische Hilfswerk THW gibt, sind die Feuerwehren in Österreich auch dafür zuständig. Das Einsatzgebiet der Talfeuerwehren umfasst das gesamte Kleinwalsertal. Ihre Aufgaben gehen von Maßnahmen des vorbeugenden und aktiven Brandschutzes natürlich über das Löschen, Retten und Bergen auch nach Verkehrsunfällen, technischen Einsätzen und Umgang mit gefährlichen Stoffen und Gütern bis hin zu Aufgaben der Gefahrenabwehr beispielsweise bei Naturkatastrophen wie Murenabgängen.
Aufgrund einer großen Verbundenheit pflegen sie eine gute Zusammenarbeit regional mit den Wehren aus Hirschegg und Mittelberg und unterstützen bei Bedarf auch die Bergrettung. Freundschaft verbindet sie auch mit der FFW in Oberstdorf. Sie alle können sich aufeinander verlassen und auf die Hilfe der Kameraden bauen – diese große Kameradschaft ist ein unverzichtbarer Baustein für das effektive Wirken an allen Fronten.
Als Körperschaft des öffentlichen Rechts (Feuerwehren in Österreich sind in der Regel keine Vereine!) werden die Feuerwehren in der Hauptsache von der Gemeinde und aus einem Katastrophenfond des Landes Vorarlberg finanziert. Die etwa 100 Feuerwehrmänner und 5 Frauen leisten ihren Beitrag alle ehrenamtlich, das heißt ausschließlich in ihrer Freizeit und erhalten dafür keinen Lohn. Ihr Motto: „Unsere Freizeit für Ihre Sicherheit.“ Sie sind Bauern, Hoteliers, Gastwirte oder in einem normalen Angestelltenverhältnis und wenn ein Alarm kommt, manchmal auch darauf angewiesen, dass sie von ihrem Arbeitgeber freigestellt werden oder sich auf ihr eigenes Personal verlassen können, damit sie zum Einsatz können.
Bei einem Rundgang durch das neue Feuerwehrgebäude in Riezlern konnte ich mich davon überzeugen, dass dort alles sehr durchdacht ist und strukturiert abläuft. Das beginnt beispielsweise mit einer speziellen Zugangstür, dem Alarmzugang, der in die Umkleide führt, wo sofort griffbereit die Einsatzkleidung hängt. Aus der Umkleide geht es direkt in die Fahrzeughalle, wo die Fahrzeuge alle so abgestellt sind, dass sie umgehend einsatzbereit sind.
Ich durfte einen Teil der Ausrüstung selbst testen, allein das Gewicht der schweren Jacke der speziell angefertigten Kleidung ringt mir den größten Respekt ab. Dazu Hose, Stiefel, Helm – das Gewicht allein der Kleidung, die im Einsatz getragen wird, beträgt ca. 4 – 5 kg. Unter dem Gewicht der Atemschutzflasche gehe ich selbst in die Knie – und ich kann mir gut vorstellen, was die Männer im Einsatzfall für eine Leistung vollbringen. Hut ab – mehr fällt mir dazu einfach nicht ein.
Die Feuerwehr verbindet Generationen. So spielt der Nachwuchs eine enorm wichtige Rolle. Auch wenn der „Zulauf“ recht gut ist und sie über eine gut aufgestellte Nachwuchsmannschaft verfügen, freuen sie sich immer über neue Mitglieder, die das Feuerwehrteam unterstützen wollen – Nachwuchs können sie immer brauchen. In der Feuerwehrjugend wird diese zwischen 12 und 16 Jahren ausgebildet, mit 16 Jahren treten die Jugendlichen dann in den Aktivstand über und rücken auch zu Einsätzen mit aus. Doch nicht nur aus der Feuerwehrjugend werden neue Florianijünger rekrutiert, Sascha berichtet stolz, dass es im letzten Jahr Erwachsene gab und nach wie vor auch gibt, die als Quereinsteiger im Erwachsenenalter zur Feuerwehr kommen. So ist der Fortbestand der Feuerwehr auf Jahre hinaus gesichert – für die Sicherheit der Talbevölkerung und der Gäste. Dafür ist Kommandant Sascha sehr dankbar – er weiß, was er an seiner Mannschaft hat. Und speziell die Feuerwehr Riezlern hat sogar einen eigenen Feuerwehrhund: Ginger, der Spitz eines Kameraden, war mit Helm auch schon auf einem Foto während einer Übung zu sehen, was mir jedenfalls ein Schmunzeln ins Gesicht zauberte.
Und dann ist da noch das enorm wichtige Training. Die Grundausbildung erfolgt wie bereits erwähnt in Eigenregie, doch es sind auch spezielle Lehrgänge nötig, die im Feuerwehrausbildungszentrum in Feldkirch stattfinden und für deren Teilnahme Urlaub genommen werden muss. Immer mittwochs finden in Riezlern die regelmäßigen Trainingsabende statt. Unter dem Motto: „Nur was man übt, kann man im Ernstfall auch anwenden“ werden die unterschiedlichsten Szenarien durchgespielt, um die Handlungen zu proben. Doch man kann einfach nicht jeden Ernstfall üben, so dass im Einsatz von Fall zu Fall immer wieder spontan Entscheidungen getroffen werden müssen.
Da die Feuerwehren ähnlich militärischer Einheiten mit festen Dienstgradstrukturen organisiert sind, stehen die Offiziere und Unteroffiziere als Einsatzleiter und Gruppenführer jederzeit mit ihrer weitreichenden Erfahrung zur Verfügung, um Einsätze zu koordinieren und zu sagen, „wo es lang geht“. Die Feuerwehr Riezlern rückt im Schnitt zu 40 – 50 Einsätzen im Jahr aus, wobei alle Sparten von Hilfeleistungen abgedeckt werden und auch schon mal ein Fehlalarm dabei ist – an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden rund um die Uhr sind sie einsatzbereit. Da kann es auch schon mal passieren, dass mitten in der Nacht um 03:30 Uhr der Pager schrillt und die Männer aus dem Schlaf reißt – und trotzdem sind sie im Schnitt innerhalb von 8 – 10 min zur Hilfe vor Ort.
So schwerwiegende Einsätze wie z.B. bei der Bergrettung, die im ersten Halbjahr dieses Jahres mehrfach Tote bergen mussten, haben sie zum Glück sehr selten, aber jeder Einsatz ist anders und fordert sie nicht nur körperlich, sondern oft auch seelisch. Das kann zum Bespiel der schwere Verkehrsunfall sein, dessen Bilder man während des Einsatzes verdrängt, weil man irgendwie funktioniert, da die Abläufe antrainiert sind. Wenn aber nach dem Einsatz die Bilder immer wieder hochkommen, dann werden sie nicht allein gelassen. Hilfe für die Helfer steht in Form von Gesprächen mit den Kameraden in der Einsatznachbesprechung jederzeit zur Verfügung – und sollte das allein einmal nicht reichen, können sie jederzeit auch frühzeitig auf die Hilfe von KIT – dem Kriseninterventionsteam – zurückgreifen.
Bei all der Arbeit und ständiger Bereitschaft kommt allerdings auch eine gemeinsame Freizeitgestaltung nicht zu kurz. Ganz egal, ob es ein Ausflug der Jugendfeuerwehr zum gemeinsamen Eisessen, eine Reise der ganzen Mannschaft oder ein Ausflug der Alt- bzw. Passivmitglieder ist, sie verstehen es auch, zu feiern. Jedes Jahr organisieren sie zur 5. Jahreszeit am Rosenmontag die Fire-Feier im Feuerwehrhaus, wo alljährlich die Post abgeht und was sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Die Einnahmen aus so einem öffentlichen Fest kommen wieder der Feuerwehrgemeinschaft zugute.
Von der Gemeinde Mittelberg werden Fahrzeuge, Gerätschaften, Technik, Bekleidung und die Unterbringung zur Verfügung gestellt. Das Spektrum zwischen Proben und Ernstfall geht weit über die Ausrüstung, Fahrzeuge und Gerätschaften hinaus: Feuerwehrjugend, Computer, Öffentlichkeitsarbeit und vieles mehr hinter den Kulissen wird in hohem Anteil selbst finanziert. Daher sind sie natürlich auch für Spenden sehr dankbar. Es ist jederzeit möglich, die Feuerwehr im Rahmen einer Fördermitgliedschaft mit mindestens 30 Euro pro Jahr zu unterstützen. Weitere Informationen dazu bietet die Homepage.
Die Homepage der Feuerwehr Riezlern möchten wir auch all denen ans Herz legen, die sich weitergehend informieren möchten, denn all die Information, die wir in unserem fast 2stündigen Rundgang durch das Gebäude der Feuerwehr erhalten haben, hier unterzubringen, würde den Rahmen sprengen. Wir haben uns daher auf einige wesentliche Dinge beschränkt.
Für weiterführende Informationen geht es hier entlang: https://www.feuerwehr-riezlern.at/
Schlussendlich bleibt festzustellen, dass Zeit ein wesentlicher Faktor im Leben eines Feuerwehrmannes und einer Feuerwehrfrau ist – Zeit, die sie ehrenamtlich und ohne Bezahlung aufbringen, um in Not geratenen Menschen schnell und effektiv helfen zu können. Dafür von uns ein dickes DANKESCHÖN.
„Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr!“.
Lieber Kommandant Sascha Duffner. Herzlichen Dank für die Zeit, die Du Dir an diesem Samstag für uns genommen hast, um uns einen Einblick in das Leben mit und die Arbeit bei der Feuerwehr zu geben. Es war ein sehr interessantes Gespräch mit einer wahren Fülle von Informationen. Ihr verdient unseren größten Respekt – DANKE, dass es euch gibt.