Von   14. November 2019

Wenn ein Tal läuft und läuft

Die Walser Trail Challenge

Jedes Jahr im Juli eine feste Größe im Veranstaltungskalender des Kleinwalsertals ist ein Sportevent, das inzwischen über alle Grenzen hinweg Beliebtheit erlangt hat: Die Walser Trail Challenge, veranstaltet vom Triathlon-Team Kleinwalsertal.

Die Walser Trail Challenge besteht aus mehreren Teilen, die einzeln oder in Kombination absolviert werden können:

  • WTC Pro (Widderstein Trail und Walser Ultra)
  • WTC Classic (Widderstein Trail und Walser Trail)
  • Walser Ultra (63 km, 3900 Hm, Alter ab 18 Jahre)
  • Walser Trail (29 km, 1700 Hm, Alter ab 18 Jahre)
  • Widderstein Trail (15 km, 980 Hm, Alter ab 16 Jahre)
  • Burmi Kids Run (Strecke frei wählbar über 500 oder 1000 m für Kinder und Jugendliche von 0 – 15)

Seinen Ursprung hat das heute weit über die Grenzen des Kleinwalsertals hinaus beliebte Event im 1. Kleinwalsertaler Casino-Gebirgs-Marathon, der am 6. Juli 1986 stattfand und damals als Staffellauf mit jeweils 4 Startern pro Team über imposante 75 km und 5300 Hm rund um das Kleinwalsertal führte. Schon seinerzeit war der SV Kleinwalsertal mit Erfolg dabei. Die Sportler schafften es als 3. von insgesamt 13 Teams ins Ziel. Und seither bestand der Wunsch, diese Veranstaltung wieder neu ins Leben zu rufen.

Was heute hinter den Kulissen alles getan werden muss, damit dieses Sportevent, was nun seit 5 Jahren in der jetzigen Form stattfindet, für alle Beteiligten ein Genuss wird, das haben uns Erich Pühringer, Obmann des Triathlon-Team Kleinwalsertal und verantwortlicher Rennleiter sowie Orgateam-Mitglied Erika Hajek erzählt.

Erich Pühringer, Obmann des Triathlon-Team Kleinwalsertal und Rennleiter der WTC

Ein ganzes Jahr Vorbereitungszeit braucht es, bis am letzten Juli-Wochenende das große Rennen starten kann. Ende August beginnen die Vorbereitungen für das Folgejahr.

Dabei geht es zunächst einmal um viel Organisatorisches. Bei der Größe der Veranstaltung läuft inzwischen nichts mehr ohne Sponsoren, deren Verträge ausgearbeitet werden müssen. Als Hauptsponsor tritt Adidas Terrex auf. Mit im Boot sind die Volksbank Kleinwalsertal, Kleinwalsertal Tourismus, Gemeinde Mittelberg, Xenofit, Meckatzer, Feneberg, Pfanner Säfte, Obst-Häusler, die einheimischen Firmen Schwendiger und Matt, s’Hirschegg in Hirschegg, die Räucherkammer Beck, der Kässtadl und Xond. Dies sind nur einige wenige, die hier stellvertretend für die große Anzahl von Sponsoren genannt sein sollen.

Grundstückseigentümer werden über den Verlauf der Strecken informiert, die alle über öffentliche Wander- und Güterwege des Kleinwalsertals führen.

Eine nicht zu unterschätzende Komponente ist das Wetter, das bekanntermaßen in den Bergen schnell einmal umschlägt. Daher sind auch Meteorologen mit im Boot, die auf ihrem Gebiet für die Sicherheit der Läufer sorgen, denn ein aufziehendes Gewitter ist der größte Angstgegner der Organisatoren. An jedem Rennwochenende steht man in Kontakt mit den Wetterleuten der ZAMG in Innsbruck und ab dem Jahr 2020 werden Wetterbeobachter vom Wetterring Vorarlberg sogar vor Ort sein, um die Lage immer aktuell abschätzen zu können.

Im Premierenjahr 2015 von dem gewaltigen Ansturm überrascht, hat man die Startplätze inzwischen limitiert. 1000 Startplätze stehen insgesamt zur Verfügung, mancher läuft samstags und sonntags, so dass man auf gut 1300 Starter aus 17 Nationen kommt. Aber nicht nur die Nationen sind bunt gemischt, auch beim Alter ist so ziemlich alles dabei. Während beim Burmi-Kids-Run schon die Kleinsten starten dürfen, ist der älteste Läufer Mitte 70. Da bleibt mir nur, den sprichwörtlichen Hut zu ziehen.

Wir machen einen großen Sprung in die letzte Woche im Juli, es geht in die heiße Phase. Das 15-köpfige Orgateam hat hart gearbeitet, aber allein könnten sie es einfach nicht schaffen. Doch sie können sich auf eines ganz besonders fest verlassen: Auf die Hilfe ihrer ca. 150 Freiwilligen, unter ihnen auch viele Walser, die mit dem Sport an sich eigentlich gar nichts am Hut haben und „nur“ helfen wollen. Unter ihnen auch Gäste, die ihren Urlaub jedes Jahr extra so legen, damit sie als Helfer dabei sein können.

Wenn am Donnerstag vor dem Rennen die Startnummernausgabe beginnt, am Freitag die Verpflegungsstände eingerichtet und die Strecken abgesteckt werden, dann beginnt sich das einmalige Flair zu verbreiten. Das Rennfieber geht los. Oft schon am Vorabend besetzen die Verpflegungshelfer und Streckenposten ihre Positionen auf den Berghütten.

Und wenn am Samstag um 10 Uhr der Startschuss zum Widderstein-Trail gegeben wird, ist auch das einmalig, denn wo sonst im Alpenraum gibt ein Murmeltier den Startschuss für einen Alpentrail? Burmi, dem Maskottchen des Kleinwalsertales, kommt diese Aufgabe zu – und er tut dies sicher immer wieder gern. Unter den Widdersteinläufern gibt es einen, der bisher jeden Einzelnen absolviert hat und so auf stolze 16 x Widderstein-Trail kommt. Chapeau, lieber Stefan Heim. Er sei nur stellvertretend genannt für einige sehr aktive Läufer aus dem Tal. Zu diesen zählen (auf unterschiedlichen Strecken) auch Daniel Jochum, Seppi Neuhauser, David Kögler oder Alwin Moosbrugger.

Sonntags zum „großen Rennen“ sind bereits ab 3 Uhr nachts Vorläufer unterwegs, die die Strecken kontrollieren, um nach den Wegweisertafeln und Markierungen zu schauen, bevor um 6 Uhr in der Früh der Walser Ultra startet. Für eine gewisse Ordnung sorgt ein striktes Reglement, welches vorschreibt, was im Rucksack mitgeführt werden muss und wie mit Abfall umzugehen ist. Ein voll geladenes Handy mit einer zwingend eingespeicherten Notfallnummer hat genauso dabei zu sein wie ein Erste-Hilfe-Kit und es gibt noch einige andere Vorschriften zu beachten, beispielsweise beim Thema Müll oder bei der Begegnung mit Wanderern. Wenn nach vielen Stunden auch der letzte Läufer im Ziel stolz seine Medaille und sein Finishershirt in Empfang genommen hat, geht es für das Orgateam direkt noch ans Aufräumen, was oft bis weit nach Mitternacht dauert. An ausreichend Schlaf ist da nicht zu denken, doch sie lieben, was sie tun – und sie tun es gern.

Aber was ist es, was die Faszination Walser Trail Challenge ausmacht? Da ist zunächst mal die Tatsache, dass trotz Mitwirkung namhafter Sponsoren die WTC keine eingekaufte Veranstaltung ist, sondern diese vom Triathlon-Team Kleinwalsertal mit viel Herzblut und Leidenschaft entsprechend dem Motto „Erlebe das Original“ selbst organisiert wird. Für die Teilnehmer ganz besonders ist es sicherlich, wenn sie an ihre Grenzen oder manchmal sogar noch ein Stück darüber hinaus gegangen sind und die Strecken geschafft haben, die zu den technisch anspruchsvollsten im deutschen Alpenraum zählen. Zudem ist es die besondere Stimmung an der Strecke, die die Läufer anfeuert und immer weitertreibt, denn – so die Aussage von Erich Pühringer: „1/3 läufst du mit den Beinen, 1/3 läufst du mit dem Kopf, und das letzte Drittel schiebt dich die Stimmung an der Strecke ins Ziel.“ Last but not least sind es sicherlich die knackigen, aber auch landschaftlich schönen Trailstrecken, eine Bergwelt, die die Teilnehmer staunen lässt, ihnen aber auch alles abverlangt – mittendrin statt nur dabei.

Doch die Walser Trail Challenge wäre nicht die Walser Trail Challenge ohne ihre vielen freiwilligen Helfer. Gut 150 Personen sorgen für einen reibungslosen Ablauf des Wochenendes. Lauscht man den Erzählungen von Erich Pühringer, wird eines ganz klar: Ohne die Unterstützung von freiwilligen Helfern, Grundstückseigentümern, Hüttenwirten, Älplern, Bergrettern, Ärzten und Sponsoren wäre diese Veranstaltung gar nicht möglich. Das ganze Tal – vom Vermieter über die Hüttenwirte bis zum Bürgermeister – steht hinter diesem Event. Das spüren auch die Sportlerinnen und Sportler und kommen deshalb immer wieder gern ins Kleinwalsertal für ihr ganz spezielles Rennwochenende. Die Walser Trail Challenge ist eine authentische, die Trailrunningszene prägende Veranstaltung, die noch immer lokal von Menschen gestemmt wird, die diesen Sport lieben und für ihn leben. Sie ist erwachsen geworden, ein guter alter Freund, den man gern jedes Jahr wieder besucht und deren Teilnehmer auch Tage später beim lässigen „Einen-Gang-runterschalten“ im Tal stolz ihr Finisher-T-Shirt tragen.

Große Dankbarkeit spüre ich bei meinem Gespräch mit Erich Pühringer, dessen Augen dabei sichtbar glänzen, Dankbarkeit gegenüber allen Helfern. Und ich denke, ich darf diese Dankbarkeit hier auch weitergeben.

Warum es sich lohnt, mitzumachen? Nur ein paar gute Gründe:

… weil die Helfer dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern,

… weil die Fans dich über die Strecke jagen und ins Ziel tragen,

… weil die Walser Bergwelt einfach atemberaubend schön ist,

… weil der Walser Schlamm einfach unheimlich gut für die Haut ist,

… weil rundherum alles so megaperfekt organisiert ist.

Der Termin für das nächste Jahr steht schon fest: Vom 25. – 26.07.2020 trifft sich die internationale Trailrunning-Szene zum Stelldichein mit Widderstein, Gottesacker und Co., die Anmeldung ist ab 08.12.2019 möglich. Schnell sein lohnt sich auch hier, denn wie jedes Jahr werden die Startplätze sehr bald vergeben sein.

Alle Informationen findet ihr hier: https://www.trailchallenge.at/

Und nach dem Rennen ist vor dem Rennen – denn sobald der letzte Läufer das Ziel passiert hat, geht es mit den Vorbereitungen für das nächste Jahr schon wieder los.

Viele weitere Bilder und Videos der letzten Jahre sowie Stimmen und Stimmungen finden sich auf der Facebook-Seite der WTC: https://www.facebook.com/walsertrailchallenge/

Klar wird mir bei unserem Gespräch, dass hier eine riesengroße internationale Familie von Organisatoren, Helfern und Sportlern zusammenkommt, bei denen Spaß und Freude am Sport im Mittelpunkt steht, bei denen aber auch die Gemeinsamkeit beim Rahmenprogramm nicht zu kurz kommt.

Ich bedanke mich von Herzen bei Erich Pühringer und Erika Hajek für das sehr nette und informative Gespräch. Ich durfte Menschen kennenlernen, die wirklich brennen für „ihre“ Walser Trail Challenge, deren Augen leuchten, wenn sie darüber sprechen und die mit Leib und Seele dabei sind. Vielen Dank für die genommene Zeit.

Die in diesem Text verwendeten Bilder wurden uns alle freundlicherweise vom Triathlon-Team Kleinwalsertal und Kleinwalsertal Tourismus eGen zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür. Danke auch an Ole Ipsen von Kleinwalsertal Tourismus eGen für die Unterstützung beim Zustandekommen dieses Blogs.