Walser schreiben für Walser – wie „DER WALSER“ entsteht
Jeder, der diesen Blog verfolgt, kennt das Kleinwalsertal und die dort lebenden Walser – ein stolzes und liebenswertes Volk. Aber kennt Ihr auch DEN WALSER?
Jedes Wochenende das gleiche Spiel: An keinem anderen Tag der Woche erwarte ich so sehnsüchtig „meinen Postler“. Endlich kommt das gelbe Auto um die Ecke – nun nichts wie los und den Postkasten leeren. Noch im Rückweg zur Wohnung wird der A5-Umschlag aufgerissen, abwarten ist da Fehlanzeige. Was gibt es Neues? Ein Wochenende ohne WALSER ist kein Wochenende.
Von was ich rede? Von einer kleinen Zeitung – der „Heimatzeitung und Mitteilungsblatt für die Gemeinde Mittelberg“. Im Umfang zwischen 8 und 16 Seiten, wöchentliches Erscheinen mit einer Auflage von ca. 2000 Exemplaren, mit 99%iger Haushaltsabdeckung und damit dem Erreichen nahezu aller Einwohner im Tal. Doch auch außerhalb des Kleinwalsertales wird DER WALSER jede Woche sehnsüchtig erwartet. Im Versand geht er in viele Staaten, so nach Deutschland, aber auch lange Wege legt er zurück, beispielsweise nach Nord- und Südamerika, Kanada, Thailand, Indonesien, Australien und Neuseeland. Jede Woche freitags wird er postalisch zugestellt – und samstags ist dann schließlich auch mein „WALSER-Lese-Tag“.
Schauen wir uns kurz seine Geschichte an. Die erste Ausgabe erschien am 14.06.1919. Damit gibt es die Lieblings-Wochenend-Lektüre bereits seit 104 Jahren! Vor dieser Zeit wurden amtliche, wirtschaftliche und private Nachrichten jeden Sonntag nach dem Gottesdienst am sogenannten „Uusrüafschdei“ verlesen. Solch einen „Ausrufstein“ kann man auch heute noch besichtigen, vor dem Mesnerhaus in Mittelberg. Die in den Stein gemeißelte Jahreszahl 1595 verrät sein unglaubliches Alter. Was mag dort alles verkündet worden sein? Freudiges, Trauriges, Neuigkeiten … nun ja, die Zeiten haben sich geändert. In einem Gemeindebeschluss Anfang Juni 1919 wurde beschlossen, dass man ein Amtsblatt benötigte. Wie groß dieser Wunsch war, ist daran abzulesen, dass bereits 2 Wochen später die Ausgabe mit der Nr. 1 gedruckt war. Bis 1923 erschien das Blatt relativ regelmäßig, bevor es im Herbst 1923 wegen „enorm hoher Gestehungskosten“ eingestellt werden musste. Bis zum Jahr 1938 wird das Mitteilungsblatt dann unter verschiedenen Namen von unterschiedlichen Druckereien in Sonthofen, Oberstdorf und schließlich wieder in Riezlern gedruckt, zuletzt unter dem Namen „Walser Heimatbote“. Mit dem Ende des 2. Weltkrieges erschien am 12. Mai 1945 das „Veröffentlichungsblatt der Gemeinde Mittelberg-Kleinwalsertal“. Und am 2. Oktober 1948 war sie endgültig geboren, die Heimatzeitung „DER WALSER“, die seitdem regelmäßig wöchentlich erscheint.
(Datenquelle: Sonderausgabe 100 Jahre „Der Walser“ vom 19.07.2019)
Unterschiedliche Erscheinungsbilder 1948 / ab 1954 / ab 1990
So wechselhaft wie die Geschichte sind auch die Firmen, die mit der Zeitung zu tun haben. Heute stehen die Firma Werbe-Blank in Sonthofen und die Firma Walserdruck in Riezlern mit Leidenschaft hinter „DER WALSER“ und füllen das Blatt jede Woche mit aktuellen News, Berichten zu den Geschehnissen der vergangenen Woche, Gemeindemitteilungen, Anzeigen und vielem mehr. Doch wer schreibt die vielen Texte? Sicher ist das nicht immer leicht. Wer sich wie wir selbst auch mit dem Schreiben beschäftigt, der weiß, wie schwierig das sein kann. Eine der gefürchteten und berüchtigten Schreibblockaden darf sich da nicht einschleichen – die Leser warten ja jedes Wochenende auf die neuesten Informationen.
Sicherlich gibt es viele Schreiber im Hintergrund, die wir nicht kennen. Am meisten fällt aber das Kürzel JM unter den Texten auf. Wir wissen, wer sich dahinter verbirgt, werden aber eine Nennung hier vermeiden, da wir keine Erlaubnis dafür haben. Nach unserem Kenntnisstand schreibt hier ein Walser für die Walser und den WALSER jede Woche die informativen Texte. Und wir wissen, dass JM dies mit großer Leidenschaft tut.
Nun lautete die Überschrift dieses Blogs auch „Wie DER WALSER entsteht“. Wir hätten gern noch erzählt, was alles getan werden muss, bis wir Leser die Zeitung in den Händen halten. Fakt ist, dass es jeder Menge Arbeit bedarf: Texte müssen geschrieben werden, das Layout muss erstellt werden, alles sollte fehlerfrei sein, bevor schließlich die Druckerei loslegen kann. Trotz intensivster Bemühungen ist es uns aber leider nicht gelungen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Das ist wirklich sehr schade, hätte es doch unseren Blog mit sicherlich sehr interessanten Informationen aufgewertet.
Wir hoffen, dass es trotzdem gelungen ist, Euch hier wieder eine – wenn auch kurze – aber interessante Geschichte rund um das Kleinwalsertal zu präsentieren.
Nun ist also „DER WALSER“ bereits in seinem zweiten Lebensjahrhundert angekommen – bleibt zu hoffen, dass wir ihn noch lange haben. Wir wünschen ihm vor allem, dass er sich in der hochmodernen, vielfältigen und vor allem zunehmend digitalen Medienwelt weiterhin als gedruckte Zeitung behaupten kann.
Und ich? Ich gehe jetzt WALSER lesen, denn ohne die Lieblingspflichtlektüre, ohne den WALSER, ist nämlich kein Wochenende!